Dekantieren und Karaffieren

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Der erste Begriff dürfte allenfalls bereits bekannt sein, der zweite wohl eher weniger, nicht wahr?

Beiden ist eigen, dass der Wein dabei ganz generell UMGESCHENKT wird. Allerdings unterscheidet sich der Zweck des Dekantierens und Karaffierens markant.

Gleich vorweg genommen sei, dass es beim Dekantieren von vinifiziertem Rebensaft um das Umfüllen von rotem Jahrgangs-Wein in eine Karaffe mit dem Ziel geht, diesen von allenfalls entstandenem Flaschen-Depot zu trennen. Vorgängig soll letzteres vom zu trennenden Wein genau lokalisiert werden. Am besten lässt sich Weinstein erkennen, wenn die Flasche gegen das Licht gehalten oder beim Dekantieren eine Kerze unter diese gestellt wird. Sodann füllt man den Wein sehr vorsichtig und langsam in eine schmale Dekantierkaraffe um, welche ihm eine möglichst kleine Kontaktfläche mit Sauerstoff bietet. Nachstehend eine optimale Anleitung dafür, um für einmal «gleich mit der Tür’ ins Haus zu fallen»:

  1. Eine kleine Kerze anzünden ;
  2. Die Karaffe in die eine, den Wein in die andere Hand nehmen und die Weinflasche beim Umfüllen über die Kerze halten, um den Bodensatz besser zu erkennen ;
  3. Den Wein sorgfältig (!) in die Karaffe umfüllen: Dabei unbedingt darauf achten, dass der edle

Tropfen keinesfalls auf den Karaffenboden «plätschert», sondern bedächtig am Karaffenhals

entlang ins Gefäss läuft ;

  1. Auf jeden Fall abstoppen, BEVOR das Depot im Flaschenhals liegt!
  2. Solchermassen dekantierten Wein nicht mehr allzu lange in Karaffe ruhen lassen, sondern zeitnah geniessen !

Zwar entspricht das Dekantieren der Königsdisziplin des Weingenusses; vor allem bei «altem» Rotwein ist jedoch grösste Vorsicht geboten, denn dieser kann dadurch oxidieren und ungeniessbar werden.

Das Karaffieren ist dem Dekantieren zwar ähnlich, erfüllt jedoch einen völlig anderen Zweck: Beim raschen (!) Karaffieren soll vorwiegend jüngerer und junger Wein vor dem Einschenken in Gläser belüftet werden. Dank Kontakt mit Sauerstoff kann sich junger Wein geschmacklich besser entfalten und gewinnt an Aromatik ! Denn Säuren, Ester (Stoffgruppe chemischer Verbindungen, die formal oder durch Reaktion einer Säure, eines Alkohols oder Phenols unter Abspaltung von Wasser entsteht = Kondensationsreaktion) und Kohlenwasserstoffmoleküle gehen Verbindungen mit dem Sauerstoff ein und gestalten den vergorenen Traubensaft zugänglicher. Hierzu wird mit Vorteil eine Karaffe mit breitem, flachen Boden verwendet, welche dem Wein eine grosszügige Kontakt- und Oberfläche mit dem Sauerstoff gewährleistet:

  1. Den Wein hierzu schwungvoll und rasch in die Karaffe leeren, damit sich viele Luftbläschen bilden und die edle Flüssigkeit aufschäumt ;
  2. Den umgefüllten Wein vor dem Ausschenken mit Vorteil noch etwas an der Luft stehen lassen.

II

Der Fachausdruck Dekantieren leitet sich vom sogenannten Dekanter, zu Deutsch Karaffe ab. Gemeinhin wird damit das vorsichtige Umfüllen von Wein in eine solche bezeichnet. Mit diesem Vorgang wird Rotwein

vom Bodensatz – auch Depot genannt – befreit. Letzterer besteht überwiegend aus Farb- und Gerbstoffen, weswegen er einen bitteren, recht eigentlich ungeniessbaren Geschmack ausweist.

Generell ist das Dekantieren nur bei reiferen Rotweinen sinnvoll, da sich bei jungen Weinen naturgemäss nur selten Depot bildet.

Dekantieren versus Karaffieren? Nun, im allgemeinen Sprachgebrauch wird Karaffieren ebenso als Dekantieren bezeichnet, was jedoch kreuzfalsch ist. Zwar wird Wein bei beiden Handhabungen in eine Karaffe oder ein anderes Gefäss umgefüllt. Allerdings geht es bei Dekantierung wie wir die Begrifflichkeit eingangs vermerkt haben um die Trennung von Bodensatz bei älteren Weinen, beim Karaffieren «lediglich» um die Belüftung junger und jüngerer Weiss- und Rotweine. Besonders bei letztgenannt jungen kann die Zufuhr von Frischluft eine sinnvolle geschmackliche Intensivierung bewirken.

Mit Vorsicht ist jedoch das Karaffieren reiferer Jahrgangs-Rotweine zu geniessen. Nur allzu schnell können diese beim Umfüllen oxidieren, was rascher geschieht, wenn sie nur wenige Tannine aufweisen – was exakt bei älteren Rotwein-Abfüllungen noch häufig der Fall ist. Die Faustregel hierfür lautet deshalb: «Je älter der Rotwein, desto kürzere Karaffierung!»

Das richtige Gefäss

Verwenden Sie das richtige Gefäss gemäss dem Leitspruch: «Je älter der Rotwein, desto schmaler die Dekantierkaraffe.» Was für einen geringen Kontakt zu Sauerstoff sorgt und das Oxidieren bestmöglich verhindert. Und hierzu der Geheimtipp: Die Flaschen alter Rotweine bereits am Tag vor dem Ausschenken AUFstellen, damit sich allfälliger Bodensatz absetzen kann!

Wogegen sich bei jungen Weinen eine Karaffe mit breitem, flachen Boden empfiehlt; zweiter Geheim-Tipp: Die Karaffe zuvor kühlen, damit der Wein sich nicht allzu rasch erwärmt.

Fazit

Beim Dekantieren stets vorsichtig vorgehen: Ein besonders edler Tropfen kann durch Luftzufuhr integral verdorben werden. Im Zweifelsfall öffnen Sie Ihre wertvollen Weine unmittelbar vor dem Geniessen und schenken diese - ohne Dekantierung - direkt in dünnwandige Tulpenform-Gläser (mehr darüber im nächsten «blog»!) ein.

Extra-Tipp: JEDEN Wein VOR dem Karaffieren oder Dekantieren probieren! Damit kontrollieren Sie die Abfüllung auf Weinfehler wie Korkengeschmack oder fremdartigen «Stich», usw. – und können sich den Aufwand gegebenenfalls sparen...

Lassen Sie uns zum Schluss dieses «blogs» die Faustregel anfügen: «Dekantieren lohnt sich bei alten Rotweinen, Karaffieren bei jungen Weiss- und Rotweinen!»